Insolvenzverschleppung
Wenn es sich bei der Schuldnerin um eine Kapitalgesellschaft oder eine Personengesellschaft, bei der auch nicht zumindest eine natürliche Person unbeschränkt mit ihrem ganzen Vermögen haftet, ist die Insolvenzverschleppung in Deutschland eine Straftat, geregelt § 15 a InsO.
Diese einheitliche Regelung gibt es erst seit Inkrafttreten des MoMiG im Jahre 2008.
Vorher war der Insolvenzverschleppung in den verschiedenen Gesetzen normiert:
- §§ 64 und 84 GmbHG für Gesellschaften mit beschränkter Haftung
- § 92 (Abs. 2) AktG für Aktiengesellschaften.
- §§ 130 b, 177 a HGB für Kommanditgesellschaften bzw. offene Handelsgesellschaften
Der nunmehrige Wortlaut des § 15 a InsO ist folgender:
"(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Insolvenzantrag zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.
(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.
(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.
(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Insolvenzantrag nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig stellt.
(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
Die Strafverteidigung wegen Verdachts der Insolvenzverschleppung erfordert – wie auch bei den übrigen Bankrottdelikten – eine durch langjährige Berufserfahrung unterlegte gute Kenntnis des Strafverteidigers von betriebswirtschaftlichen Sachverhalten sowie auch die Fähigkeit, Unternehmensbilanzen im Hinblick auf die Verteidigungsstrategie zu können.
Die Chancen in der Verteidigung bestehen hauptsächlich darin, dass es für die Staatsanwaltschaft in vielen Fällen kaum möglich ist, einen finalen Tatnachweis zu der Frage, ob und ggf. zu welchem Zeitpunkt Überschuldung und/oder Zahlungsunfähigkeit vorgelegen hat, zu führen. In geeigneten Fällen bietet es sich für die Verteidigung sogar an eine (eigene) schriftsätzliche Stellungnahme zu diesen Fragen bereits im Ermittlungsverfahren abzugeben um z.B. nachzuweisen, dass trotz negativer Bilanz eine Überschuldung aufgrund vorhandener „stiller Reserven“ im Anlagevermögen der Gesellschaft gar nicht gegeben ist.
Aufgrund der Tatsache, dass bei Insolvenzstraftaten seitens der Ermittlungsbehörden umfangreiche Akten erhoben werden, welche einen erheblichen Bearbeitungsaufwand für die Beweisführung erfordern, besteht bei Staatsanwaltschaften und Gerichten regelmäßig eine hohe Neigung, sich mit der Verteidigung im Rahmen eines „Rechtsgesprächs“ (sog. Deal) zu verständigen.
Da bei Insolvenzfällen meistens wegen mehrerer verschiedener Straftatbestände parallel ermittelt wird (z.B. Vorenthaltung von Arbeitnehmerbeiträgen, unordentlicher Buchführung, verspäteter Bilanzerstellung, Bankrotthandlungen) ist es häufiges Ziel der Verteidigung, hinsichtlich einer oder mehrerer Tatkomplexe eine Verfahrenseinstellung bzw. einen Freispruch zu erreichen und - bei einer ggf. unvermeidlichen Verurteilung wegen der restlichen Taten - auf eine moderate Geldstrafe hinzuwirken.
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verfasst von G. Schreiber am 30.05.2009