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Strafzumessung: Welche Rolle spielt das Vermögen bei der Verhängung einer Geldstrafe?
Herfür gelten - was die Höhe des Tagessatzes anbetrifft - folgende Strafzumessungsregeln:
1.
Die Anzahl der Tagessätze legt das Gericht bei einer Verurteilung zu einer Geldstrafe zuerst fest. Dabei richtet sich das Gericht nach den allgemeinen Strafzumessungskriterien (§ 46 StGB)
2.1.
Die Höhe eines einzelnen Tagessatzes berechnet das Gericht, in einem zweiten Schritt, nach dem Nettoeinkommen, das der Verurteilte durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte (vgl. § 40 Abs. 2 S. 2 StGB). Dabei wird ein Tagessatz auf mindestens einen und höchstens fünftausend Euro festgesetzt (vgl. § 40 Abs. 2 S. 3 StGB).
2.2.
Die Tagessatzhöhe ergibt sich aus den anrechenbaren Einkünften, abzüglich der abzugsfähigen Belastungen. Das sich daraus ergebende monatliche Nettoeinkommen wird durch 30 geteilt, um die einzelne Tagessatzhöhe genau bestimmen zu können.
3.1.
Zwar soll das Vermögen des Verurteilten nicht grundsätzlich außer Betracht bleiben, wie sich aus § 40 Abs. 3 StGB ergibt, weil nach dem Willen des Gesetzgebers eine unangemessene Bevorzugung von Vermögenden unterbleiben soll.
3.2.
Trotzdem bleiben kleine und mittlere Vermögen unberücksichtigt, weil eine Geldstrafe nicht den Zweck verfolgen darf, eine Enteignung in vorhandenes Vermögen durchzusetzen. Deswegen werden auch das Grund- und Betriebsvermögen und sonst illiquide Sachwerte in die Berechnung der Tagessatzhöhe nicht mit einbezogen.
3.3.
Dagegen werden nach überwiegender Rechtsauffassung Zinsgewinne des Verurteilten zu dem anrechenbaren Einkommen hinzugerechnet. Das gleiche gilt für Vermögen, das nicht zur Erzielung von Erträgen, sondern zur spekulativen Wertsteigerung angelegt ist.
4.
Wie hoch das Nettovermögen eines Angeklagten ist, ist entgegen landläufig verbreiteter Meinung dem vollen Beweis zugänglich. Es können daher von der Verteidigung und auch von der Staatsanwaltschaft entsprechende Beweisanträge gestellt werden, um das tatsächliche Nettovermögen ermitteln zu können.
In der Regel verlassen sich die Prozessbeteiligten aber auf die Angaben des Angeklagten.
Jedoch kann das Gericht von diesen Angaben abweichen, wenn es den Angaben des Angeklagten nicht glaubt.
Nach den Erfahrungen des Verfassers werden in keinem anderen Bereich so viele unwahre Angaben getätigt, wie zur Frage des Einkommens bzw. Vermögens des Angeklagten im Falle einer absehbaren Verurteilung zu einer Geldstrafe.
Selbstredend darf und sollte ein sachkundiger Strafverteidiger auch hier seinen Mandanten anhalten, lediglich wahre Tatsachen vorzubringen, jedoch ist es auch einem Strafverteidiger nicht verwehrt, den Angeklagten entsprechend dem geltenden Recht darüber aufzuklären, dass er in einem Strafverfahren (und nur in einem Strafverfahren!) folgenlos unwahres vortragen könne.
Eingestellt am 26.05.2010
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