OLG Hamburg: Keine Unfallflucht bei Kenntnis des Unfalls erst nach Verlassen des Unfallorts.

Nach einer aktuellen Entscheidung des OLG Hamburg, Beschluss vom 27. 3. 2009, macht sich wegen Unfallflucht (§ 142 Abs. 1 StGB) nicht strafbar, wer erst nach Entfernen vom Unfallort Kenntnis vom Unfallereignis erhält und sich dennoch weiter vom Unfallort entfernt.

In dem zur Entscheidung vorliegenden Fall streifte der Unfallverursacher unbemerkt mit dem Außenspiegel des von ihm geführten Kfz. den Außenspiegel eines auf der rechten Nebenspur fahrenden anderen Fahrzeugs, der dabei leicht beschädigt wurde. Etwa 1,5 km vom Ort des Unfallereignisses entfernt wurde der Unfallverursacher vom ihn verfolgenden Geschädigten auf das Ereignis aufmerksam gemacht. Ohne sich irgendwie zu äußern, fuhr der Unfallverursacher einfach weiter und nahm dadurch – so die Feststellungen der Vorinstanz – zumindest billigend in Kauf, dass Unfallfeststellungen gegen ihn nicht mehr getroffen werden können.

Nach Verurteilung in der Vorinstanz hob das OLG Hamburg nun das Urteil auf und sprach den Angeklagten frei.

Diese aus Sicht der Rechtssicherheit erfreuliche Entscheidung stellt sich gegen die bisherige Rechtsprechung (z.B. OLG Düsseldorf) wonach der Tatbestand der Unfallflucht auch verwirklicht ist, wenn der Unfallverursacher den Unfall zwar nicht sofort bemerkt, aber innerhalb eines bestimmten „räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs“ von dem Unfallereignis erfährt. Die bisherige Rechtsprechung stützt sich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BverG) aus dem Jahre 2007, aus der aber nach herrschender Meinung ein Schluss auf eine Strafbarkeit des sich zunächst vorsatzlosen Unfallverursachers nicht gezogen werden könne.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung zu dem Thema „Kenntniserlangung vom Unfall erst nach vorsatzloser Entfernung vom Unfallort“ weiterentwickelt.

Im Interesse der Rechtssicherheit ist es nach Auffassung des Verfassers nicht hinzunehmen, wenn jedes Gericht andere Maßstäbe ansetzt, bei der Frage, was noch ein „bestimmter räumlicher und zeitlicher Zusammenhang mit dem Unfallereignis“ ist oder nicht.



Eingestellt am 16.09.2009
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