Gesetzliche Regelung über die Verständigung im Strafprozess seit 04.08.2009 in Kraft

Am 04.08.2009 ist die gesetzliche Regelung über die Verständigung im Strafprozess in Kraft treten.

Grund für die Neuregelung des Gesetzgebers war, dass es schon seit langen zu den Usancen im Strafverfahren gehört, dass sich das Gericht mit den Beteiligten über den Prozess und sein Ergebnis verständige. Nunmehr ist es erstmals gesetzlich geregelt, unter welchen Voraussetzungen solche „verfahrensbeendende Verständigungen" zulässig sind. So sind Absprachen künftig nur in der öffentlichen Hauptverhandlung erlaubt. Ferner sollen bestimmte Dokumentations- und Mitteilungspflichten die notwendige Transparenz schaffen
Insbesondere darf nach der gesetzlichen Neuregelung die Verständigung nie alleinige Grundlage des Strafurteils sein. Zudem muss die Strafe trotz der Verständigung der Schuld des Täters gerecht werden und das Urteil in vollem Umfang überprüfbar bleiben.

Entsprechend dem Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29.07.2009 wurden verschiedene Einzelbestimmungen der Strafprozessordnung (StPO) geändert. Herzstück der Änderung ist der neue § 257 c StPO, dessen Absätze 1 und 2 folgenden Wortlaut haben:

„(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen
mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der
folgenden Absätze über den weiteren Fortgang
und das Ergebnis des Verfahrens verständigen.
§ 244 Absatz 2 bleibt unberührt.
(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur
die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der
dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige
verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden
Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten
der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder
Verständigung soll ein Geständnis sein. Der
Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung
und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung
sein."

Es bleibt abzuwarten, wie die Praxis auf die gesetzlliche Neuregelung reagiert. Denn bisher fanden "verfahrensbeendende Absprachen" in der Regel telefonisch statt oder (bei größeren Verfahren) in vertraulichen "Rechtsgesprächen" zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidiger. Die nunmehrige Gesetzgebung verlangt aber, dass verfahrensbeendende Absprachen im Rahmen der (öffentlichen) Hauptverhandlung stattfinden.

Hinter vorgehaltener Hand haben aber sowohl Richter, Staatsanwälte als auch Verteidigerkollegen signalisiert, an der bisherigen Praxis nichts ändern zu wollen, auch wenn es im Interesse der Rechtssicherheit durchaus auf Zustimmung stößt, dass bindende Absprachen dann im Rahmen der Hauptverhandlung getroffen werden.

Nach Auffassung des Unterzeichners führt - wenn schon Absprachen im Sinne des Gesetzes nur noch öffentlich getroffen werden können - in zahlreichen Fällen an "Vorgesprächen" außerhalb der Hauptverhandlung schon allein im Interesse der Prozessökonomie kein Weg vorbei.

Diese Notwendigkeit besteht schon allein im im Deliktsfeld der Serienstraftaten und der Wirtschaftskriminalität. In diesem Bereich wird weder der Gesetzgeber noch der BGH daran vorbeikommen, Sondierungsgespräche auch über die Handhabungen des Sachverhalts zu führen, welcher sich teilweise in mehr als 100 Ordnern an Ermittlungsakten wiederfindet. Niemanden, auch dem Strafanspruch des Staats, ist damit gedient, wenn sich derartige Prozesse über viele Jahre erstrecken, weil z.B. mehrere Hundert Zeugen vernommen werden müssten, um den Sachverhalt gesetzeskonform aufzuklären. Von den hierdurch entstehenden, im Endeffekt oft der Staatskasse zu Lasten entstehenden Kosten für die Zeugeneinvernahme und ggf. auch Pflichtverteidigergebühren ganz zu schweigen.

Man müsste schon außerordentlich naiv sein, wenn man annähme, dass in solchen "Vorgesprächen" zwischen den Beteiligten nicht auch über das mögliche Strafmaß im Falle eines Geständnisses/Teilgeständnisses gesprochen würde......



Eingestellt am 17.08.2009
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